Osterpredigt über Markus 16,1-8 am 17.04.2022 von Kerstin Strauch

Bevor ich heute mit der Predigt richtig beginne, habe ich erstmal eine Frage: Wer von euch hatte heute früh schon ein Ei gegessen? Bitte mal aufzeigen.

Das sind ja doch die allermeisten. Eier gehören zu Ostern einfach dazu. Am besten sind sie bunt bemalt oder anders verziert. Bunte Eiern zieren nicht nur den Frühstückstisch, sondern auch Ostersträuße oder werden draußen aufgehängt, um daran zu erinnern: Es ist Ostern!

Nun finden sich in der Bibel aber gerade einmal zwei Geschichten, wo es um ein Ei geht. Diese will ich euch kurz erzählen. Die erste Geschichte steht im Buch des Propheten Jesaja. Leider war es damals auch nicht anders als heute: Es gab viele Kriege. Die Menschen in Israel lebten in ständiger Angst vor einem Angriff der Nachbarvölker. Diese waren viel größer und stärker als Israel und Juda, mit viel besseren Waffen ausgerüstet. So auch der König von Assyrien. Er prahlte damals mit seinen militärischen Erfolgen und er ging wortwörtlich über Leichen, um sein Reich immer noch größer zu machen. Jesajas Aufgabe als Prophet war es, im Namen Gottes zu sprechen. Er sagte dem König von Assyrien: „So geht es nicht weiter! Dein Morden und Zerstören wird Gott ein Ende machen! Denn Gott findet alle Völker wie Eier, die in einem Vogelnest liegen und von keinem mehr bewacht werden.“ (vgl. Jes 10,14) Das Ei steht hier also für ein Volk, das von Gott gefunden wird.

Ganz anders redet der Evangelist Lukas über das Ei. Er zitiert aus der berühmten Predigt von Jesus, die bei ihm „Feldrede“ heißt. Jesus sagt, dass wir Gott um alles bitten können, und er uns weiterhilft. Um das deutlich zu machen, führt er aus: „Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn der ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch biete? Oder der ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete?“ (Lk 11,11-12) Hier geht es um das Ei als Grundnahrungsmittel.

Von einem Ei als Ostersymbol ist in der Bibel keine Rede. Doch schon seit Urzeiten gilt das Ei als Lebenssymbol. In der mittelalterlichen Kirche fasteten die Menschen in den sieben Wochen vor Ostern. Sie durften u.a. keine Eier essen. Da aber die Hennen auch weiterhin Eier legten, wurden diese hart gekocht, um sie haltbarer zu machen. Zu Ostern wurden diese hartgekochten Eier dann mit in die Kirche genommen und gesegnet. Dazu wurden sie bunt gefärbt, um sie von den anderen Eiern zu unterscheiden.

Jetzt habe ich euch heute aber kein Osterei mitgebracht, sondern das hier (leere Eierschale hochhalten): ein zerbrochenes Ei, eine leere Eierschale.

Ich denke, alle Eieresser von heute früh haben so eine Eierschale heute auch schon gesehen. Sie ist ein wunderbares Ostersymbol.

Gerade haben wir die Geschichte von Ostern gehört, so wie sie Markus in seinem Evangelium überliefert. Da war die Rede davon, dass die Frauen ganz früh am Sonntagmorgen zum Grab Jesu kommen. Sie wollen den Leichnam einbalsamieren, wie es damals üblich war. Sie sind traurig, ihre Herzen sind schwer und ihre Gedanken auf. Sie reichen gerade für den nächsten Schritt und die Frage: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Wir wissen, dass Jesus in einer Grabhöhle bestattet wurde. Diese Höhle wurde mit einem riesigen, runden Stein verschlossen. Während die Frauen noch so über diese Frage nachdenken, kommen sie an der Grabstätte an und finden die Tür offen. Im Grab sitzt ein junger Mann, den sie nicht kennen. Vielleicht ist er ein Engel, ein Bote Gottes. Wen sie nicht finden, ist Jesus. Der junge Mann erkennt sofort, was los ist. Er sagt: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“ (Mk 6,6-7) Jesus ist nicht mehr da. Gott hat ihn auferweckt. Die Frauen sind vollkommen verwirrt, verängstigt und rennen weg. Markus berichtet, dass sie niemandem was erzählt hätten. So kann es dann aber auf Dauer auch nicht gewesen sein. Denn sonst säßen wir heute nicht zusammen.

Die leere Eierschale. Ein Symbol für das, was Ostern geschah. Das Grab ist leer. Jesu Leichnam war fort.

Liebe Gemeinde, das, was an Ostern geschah, ist das Fundament des christlichen Glaubens. Aber ist das wirklich zu glauben? War das Grab leer? Ist Jesus vom Tod auferweckt worden?

Letztlich geht es um die Frage: Was passiert mit uns, wenn wir tot sind?

Viele von uns mussten es schon erleben: das Sterben eines lieben Menschen, der Abschied, der Schmerz, die Fragen, die Sehnsucht. Meistens bleibt da eine Lücke, die sich nicht schließen lässt. Tot ist tot.

Wer an Gott glaubt, ahnt, dass damit aber nicht alles vorbei ist. Gott hat Jesus auferweckt und er weckt auch uns alle auf vom Tod. Das heißt Auferstehung.

Nun liegen unsere Toten aber in den Gräbern, ob im Sarg oder in einer Urne ist ganz egal. Vergraben sind ihre leiblichen Überreste. Vergraben aber sind nicht sie selbst. Denn sie sind auferstanden. Und das ist das Wunder des Ostermorgens: Tot ist die leibliche Hülle, aber nicht die Persönlichkeit, die Seele, das, was einen Menschen wirklich ausgemacht hat. Der geliebte Ehepartner, das Kind, die Eltern, die verstorben sind, liebe Freunde oder Geschwister, die wir beerdigen mussten: Sie leben weiter, bei Gott, in uns und mit uns! Glaube an die Auferstehung heißt, damit zu rechnen, dass unsere Verstorbenen nicht verloren sind, dass sie weiterleben. Davon haben mir immer wieder Menschen berichtet: „Wir besuchen Oma zwar nicht mehr jede Woche im Heim, aber sie ist jetzt immer bei uns, weil sie bei Gott ist“, sagte mir letztens die Enkelin einer 73jährigen, die gestorben war. „Mein Mann fehlt mir unendlich, aber ich merke ganz oft, was er etwas zu mir sagt, nicht laut, sondern in mir drin. Ich spüre einfach, dass er da ist“, berichtete mir eine Frau, die im letzten Jahr Witwe geworden ist. Es sind diese Momente, die uns spüren lassen: Nicht der Tod, sondern das Leben geht weiter.

Diese Botschaft ist gerade in unseren Tagen so wichtig. Zwei Jahre lang war das alles bestimmende Thema die Corona-Pandemie. Ständige Angst wegen dieses unberechenbaren Virus war unser Alltagsbegleiter. Die Pandemie ist nicht vorbei. Aber andere Ereignisse sind wichtiger geworden. Der Krieg in der Ukraine versetzt uns seit über 50 Tagen in Angst und Schrecken. So viele Menschen befinden sich in akuter Lebensgefahr, gerade einmal 2000 Kilometer von uns entfernt. Sie kämpfen ums Überleben.

Es geht ums Überleben! Für die Menschen in der Ukraine, für die Völker dieser Welt, für unseren Planeten. Als Kirche ist es unsere Berufung, für das Leben einzutreten und die Botschaft Jesu weiterzutragen: „Ich lebe und ihr sollt auch leben“ (Joh 14,19) Manchmal wollen wir davonlaufen, wie die Frauen am Ostermorgen. Doch auch diese fanden irgendwann den Mut, den Mund aufzumachen. Zu stark war das Bedürfnis, von dem zu reden, was das Leben ausmacht.

Gott lässt uns nicht allein. Er ruft uns aus dem Tod ins Leben.

Daher feiern wir zu Ostern das Leben, mit vielen bunten Ostereiern. Wo kommen diese her? Von der Henne! Und so eine Henne haben wir jetzt für euch (keine Angst, sie ist aus Stoff, ihr braucht keinen Hühnerstall). Und über die Henne gibt es einen Satz in der Bibel, wo Jesus sich mit der Henne vergleicht. Wie eine Henne, sagt Jesus, will ich die Küken unter meinen Flügeln versammeln (Mt 23,37). Gott ist wie so eine Henne und wir sind wie die Küken. Wir finden Schutz, Wärme und Zuflucht unter den Flügeln. Bei ihm sind wir in Sicherheit, für immer.

Amen.

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