Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias (02.02.2025) über 2. Mose 3,1-8a.10.14f von Kerstin Strauch

Es brennt. Hell leuchtet die Flamme. Das Knistern ist zu hören. Der Rauch zu riechen. Es brennt in der trockenen Landschaft am Berg Horeb. Das kommt vor. Oft ist das Feuer schnell gelöscht, denn viel zum Brennen gibt es nicht. Wenig Vegetation gibt es dort. Fast nur Sand und Steine. Mose ist froh, wenn er ab und zu ein paar grüne Halme für die Schafe seines Schwiegervaters findet. Das ist seine Aufgabe seit vielen Jahren, genau genommen seit damals, als er einen Ägypter erschlagen hatte. Er war nicht mehr sicher in dem Land, das einmal seine Heimat gewesen war. Die Wüstenzeiten dauern an.

Es brennt immer noch. Komisch. Das Feuer wird gar nicht kleiner. Der Busch steht seit geraumer Zeit genauso in Flammen. Mose muss immer wieder hinsehen. Da passiert etwas, was eigentlich gar nicht sein kann. Die Bibel erzählt uns diese Geschichte im 2. Buch Mose. Ich lese den Predigttext für den heutigen Sonntag aus dem 3. Kapitel (VV. 2b-8a.10.13-14):

[Mose] sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. Da sprach er: Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt. Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Er sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Geschrei über ihre Bedränger habe ich gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie aus diesem Lande hinaufführe in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt. […] so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst. […] Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen? Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.

Gott, regiere du unser Hören und unser Verstehen durch deinen Heiligen Geist. Amen.

Auf manche Fragen gibt es keine Antwort. Manches ist so groß, dass es sich in Worte, ja in unser Denken nicht fassen lässt. Dazu gehört Gott. Wer ist Gott? Das ist so eine Frage. Sie ist unbeantwortbar, denn jeder Versuch würde Gott nie richtig erfassen.

Es brennt. Wir haben dafür einen Begriff: Feuer. Was unerklärlich ist, ist, dass dieses Feuer den Busch nicht verzehrt. Das macht Mose neugierig. Noch ahnt er nicht, mit wem oder was er es zu tun hat. Da ruft ihn eine Stimme: Mose, Mose! Gleich doppelt, damit er es auch wirklich hört. „Hier bin ich“, antwortet Mose. Er ist bereit, was auch immer kommt. Er ist bereit zuzuhören. Und so bekommt er auch gleich die Anweisung: „Schuhe aus! Du stehst auf heiligem Boden!“ Das ist eine Geste der Demut. Wenige Sekunden später ist klar, dass Mose es mit Gott zu tun hat. Zu groß, zu viel ist das für ihn. Gott – der Unaussprechliche, Unbegreifliche. Und so verhüllt Mose sein Angesicht. Gott direkt anzusehen, das geht nicht.

Eine unmittelbare Gottesbegegnung erlebt Mose hier. Mitten in seinem Wüstenalltag passiert das. Er ist ziemlich weit gegangen, bis zum Berg Sinai. Da gibt es kaum etwas zu entdecken. Wenige Menschen leben hier. Aber Gott ist da. Durch nichts wurde er angekündigt. Plötzlich brennt dieser Dornbusch und Mose hört Gottes Stimme. Gott hat einen Auftrag für Mose. Die meisten kennen die Geschichte. Er soll zurück nach Ägypten. Das wird ihm Angst gemacht haben, immerhin ist er ein Mörder. Was mag ihn dort erwarten, am Ort des Geschehens? Doch Gott verheißt ihm und dem ganzen Volk Israel ein gutes und weites Land, ein Land, darin Milch und Honig fließt. Gott hat das Elend gesehen, das Schreien gehört. Er hat das Leiden erkannt. Denn er ist in dieser Welt, nicht fernab davon.

Vielleicht sind Mose damals tausend Fragen durch den Kopf gegangen. Wir wissen es nicht. Wir wissen nur die eine, die er an Gott richtet: Wie heißt du? Wie ist dein Name?

Auch der Name Gottes ist kaum fassbar. Ich bin der „Ich bin da“ oder „Ich werde sein, der ich sein werde“. So die Antwort. Sie lässt Spielraum für Interpretationen. Gott ist da. Das hat Mose erlebt, gespürt, gehört und er weiß: Gott ist da.

Gott ist im Feuer. So erzählt es die Geschichte. Feuer kann eine winzige Flamme sein oder ein großes Licht. Feuer kann die unterschiedlichste Gestalt annehmen. Nur wenn es ausgeht, ist es nicht mehr da. Mose wird wohl jedes Mal, wenn er am Lagerfeuer saß oder die Flamme einer Öllampe sah, an dieses Ereignis erinnert worden sein.

Feuer ist eine Erscheinungsweise Gottes. Immer anders. Doch ohne Feuer gäbe es kein Leben auf der Erde. Feuer gehört zu den Grundelementen genauso wie Wasser und Luft. Auch wir tragen eine Art Feuer in uns. Ohne die Verbrennungsvorgänge in unseren Zellen gäbe es kein Leben, wäre unser Körper tot.

Wir tragen dieses Feuer in uns. Ein Feuer, das wir nicht machen, nur tragen und weitergeben können. Ursache des Feuers ist ein anderer. Das Feuer, das brennt und nichts verzehrt. Kein Feuer der Zerstörung, sondern ein Feuer des Lebens.

Dahinter verbirgt sich Gott. Er ist da. Unberechenbar. Unfassbar. Größer als unsere Worte. Er ist keine Sache, die wir beweisen könnten. Er ist viel mehr. Wie er ist? Unbeschreiblich. Aber erfahrbar, zum Beispiel im Feuer. Er ist da. Er ist der „Ich bin da“. Und als solcher ist Gott immer wieder neu erfahrbar. Wie er da ist, erlebt jede und jeder auf ganz verschiedene Weise.

Janusz Korczac, der im Warschauer Ghetto als Arzt und Pädagoge unzählige jüdische Kinder begleitete und Beachtliches leistete, beschrieb die Unbeschreiblichkeit Gottes in einem Gedicht:

Ich nenne dich weder der Große, noch der Gerechte, noch der Gute.

Ich sage nur zu dir: Mein Gott. Ich sage mein – und habe Vertrauen.

(aus: Gebetszyklus: Allein mit Gott, 1922)

Wie Gott gerade ist, kann niemand sagen. Sobald wir von dem Gerechten, Gnädigen, Zornigen, Allmächtigen sprechen, kommen Zweifel auf. Ist das Bild richtig?

Worte können ihn nicht fassen. Der Dornbusch brennt. Das Feuer verzehrt ihn nicht. Siehst du das Licht? Ich lade euch ein, für eine Minute still zu sein und all das Licht wahrzunehmen, das hier in der Kirche, aber vielleicht auch in euch drin ist und nachzuspüren, ob auch ihr zu Gott sagen könnt: „Hier bin ich!“.

(1 Minute Stille)

Ich nenne dich weder der Große, noch der Gerechte, noch der Gute.

Ich sage nur zu dir: Mein Gott. Ich sage mein – und habe Vertrauen.

Amen.

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