Predigt Jeremia 14,1-9

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht beim Propheten Jeremia, ich lese zunächst der Verse 1-6 aus dem 14. Kapitel:

Dies ist das Wort, das der HERR zu Jeremia sagte über die große Dürre:

[Juda liegt jämmerlich da, seine Städte sind verschmachtet. Sie sitzen trauernd auf der Erde, und in Jerusalem ist lautes Klagen.]

Die Großen schicken ihre Leute nach Wasser; aber wenn sie zum Brunnen kommen, finden sie kein Wasser und bringen ihre Gefäße leer zurück. Sie sind traurig und betrübt und verhüllen ihre Häupter.

Die Erde lechzt, weil es nicht regnet auf Erden. Darum sind die Ackerleute traurig und verhüllen ihre Häupter.

[Ja, auch die Hirschkühe, die auf dem Felde werfen, verlassen die Jungen, weil kein Gras wächst.

Die Wildesel stehen auf den kahlen Höhen und schnappen nach Luft wie die Schakale; ihre Augen erlöschen, weil nichts Grünes wächst.]

 

I. Die Ausgangslage für Israel ist dunkel und es bleibt erst einmal dunkel

Israel ist einer großen Dürre ausgesetzt. So beschreibt es Jeremia in diesem Kapitel. Und er benutzt drastische Bilder, um diese Katastrophe in den dunkelsten Farben zu zeichnen. Die Brunnen sind leer, die Flüsse ausgetrocknet. Kein Regen, keine Perspektive. Selbst die Tiere lassen ihre Jungen im Stich, lassen sie zum Sterben zurück. Viel drastischer geht es nicht mehr. Hoffnung? – Fehlanzeige. Dieses Bild beinhaltet nur die dunkelsten Grau- und Schwarztöne, kein Funken, kein Sonnenaufgang, kein Licht zu sehen weit und breit. Perspektivlosigkeit – Trauer – Tod.

Das erzählt ziemlich genau, was die Menschen damals in Israel vor rund 2600 Jahren beschäftigt hat. Die Dürre dient dabei womöglich nur dazu, die innere Dürre, die Perspektivlosigkeit, die Trauer und den Tod zu umschreiben. Israel ist am Ende. Besiegt durch die Babylonier, geplündert, gedemütigt, verschleppt, zerstört. Keine Aussicht auf Hoffnung, keine Perspektive. Fern der Heimat, das religiöse Heiligtum zerstört – Israel ist am Ende. Keine Veränderung zum Guten, zum Besseren in Sicht. Gott muss sie verlassen haben, aus Zorn über ihre Vergehen – Gott straft sein Volk

 

II. Die Ausgangslage heute ist dunkel und es bleibt erst einmal dunkel

Die Welt ist einer großen Klimakatastrophe ausgesetzt. So beschreibt es zum Beispiel die Bewegung „Fridays for future“, die sich auf viele wissenschaftliche Studien bezieht. Und sie benutzen drastische Bilder, um die Zukunft in den dunkelsten Farben zu zeichnen. Trinkwasser wird knapp, die Eisberge und Gletscher schmelzen, Länder verwüsten oder versinken im Meer. Kein Umdenken, keine Perspektive. Die junge Generation fühlt sich im Stich gelassen von denen, die die Macht hätten, etwas zu verändern. Hoffnung? – Fehlanzeige. Es muss sich etwas ändern, aber es passiert seit Jahren nichts.

Perspektivlosigkeit macht sich breit und Ohnmacht. Keine Veränderung zum Guten, zum Besseren in Sicht. Straft Gott die junge Generation für die Vergehen der vorhergehenden Generationen?

 

III. Wir sind selbst schuld! – Sind wir selbst schuld?

Ach, Herr, unsere Sünden verklagen uns. Denn unser Ungehorsam ist groß, womit wir wider dich gesündigt haben.

Den Israeliten ist es klargeworden: wir sind selbst schuld an unserer Lage. Wir haben uns da selbst hineinmanövriert. Wir haben uns von Gott abgewandt, haben uns anderen Götzen zugewandt und haben damit Schuld auf uns geladen. Wir müssen das auslöffeln, was wir uns eingebrockt haben.

 

Und diese Sicht der Dinge können wir gut auf unsere heutige Sicht der Dinge übertragen: Der Klimawandel ist Menschengemacht. Immer mehr CO2 wird in die Atmosphäre geblasen, immer mehr Mikroplastik verunreinigt unsere Umwelt, die Weltmeere sind mit Plastikmüll verstopft, ein Artensterben riesigen Ausmaßes findet zurzeit statt, riesige Flächen Urwälder werden für mehr Profit einzelner Unternehmen gerodet, andere Wälder stehen in Brand, während deutsche Konzerne weiterhin Material und Rohstoffe in die Krisengebiete senden, um weitere Kohlekraftwerke zu bauen. Wir Menschen haben Schuld an der Situation. Wir müssen das auslöffeln, was wir uns eingebrockt haben.

 

IV. Straft Gott für unsere Missetaten?

Für Israel scheint ganz klar zu sein, dass Gottes Zorn entfacht ist über ihren Ungehorsam und er sie straft für ihre Vergehen. Gott straft, weil wir Fehler begehen – das ist für den Propheten Jeremia die einzig schlüssige Erklärung. Gottes Strafe trifft uns, weil wir sie verdienen.

Nun haben wir manches, was uns widerfährt, wahrscheinlich tatsächlich verdient und einiges an Schwerem erfahren wir, weil wir dafür verantwortlich sind. Ja. Aber werden wir wirklich von Gott gestraft für unser Fehlverhalten?

Diese Frage ist mir schon oft begegnet: Was muss ich falsch gemacht haben, dass Gott mich so straft?

Warum bin gerade ich krank geworden? Warum muss ich meinen Arbeitsplatz verlieren? Warum kann meine Beziehung nicht halten? Warum werde ich in der Schule gemobbt? Warum bin ich im Alter so alleine?

Die Frage nach dem „Warum“ beschäftigt uns sosehr, weil wir hoffen, dass wir unserem Leid einfacher oder besser umgehen können, wenn wir das „Warum“ verstehen.

Aber wir werden, davon bin ich überzeugt, nicht auf alle „Warums“ dieser Welt eine Antwort bekommen. Manches „Warum“ wird bis zu unserem Lebensende nicht beantwortet werden. Und das ist schwer. Das muss ertragen werden.

Die Frage nach der Schuld ist nicht immer verkehrt. Zu schauen, ob ich an meiner Misere schuld habe oder zumindest teilweise dafür verantwortlich bin, kann mir helfen, meinen Zustand zu verbessern. Die Frage aber danach, ob Gott mich für meine Schuld straft, führt zu keinem guten Ende. Ich glaube nicht, dass Gott uns für unser Fehlverhalten straft, aber ich weiß sehr wohl, dass wir schuldig werden können.

 

V. Not lehrt beten

„Not lehrt beten“ heißt ein altes Sprichwort. Und da ist sicherlich etwas dran. Wenn es uns nicht so gut geht, wenn wir leiden, wenn wir traurig sind oder in einer schlimmen Situation, dann passiert es oft, dass wir anfangen, zu beten.

Genauso tut es auch Israel in unserem Predigttext. Wäre der Text mit Vers 6 zu Ende, hätte ich wenig Tröstliches zu predigen. Doch der Text geht weiter. Hören wir auf die Verse 7-9:

Ach, HERR, wenn unsre Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen! Denn unser Ungehorsam ist groß, womit wir wider dich gesündigt haben.

Du bist der Trost Israels und sein Nothelfer. Warum stellst du dich, als wärst du ein Fremdling im Lande und ein Wanderer, der nur über Nacht bleibt?

Warum stellst du dich wie einer, der verzagt ist, und wie ein Held, der nicht helfen kann? Du bist ja doch unter uns, HERR, und wir heißen nach deinem Namen; verlass uns nicht!

Israel wendet sich Gott zu im Gebet und tut damit genau das, was Abhilfe schaffen kann. Die Dürre, das Exil, die Zerstörung – sie sind Zeichen dafür, dass Israel ohne Gott unterwegs ist. Und ohne Gott scheitert. Indem sie sich nun im Gebet Gott zuwenden, tun sie den ersten Schritt in die richtige Richtung. Hoffnung scheint auf am Horizont.

Ist das auch eine Lösung für die vielschichtigen Probleme unserer Zeit? Ich glaube ja! Wenn wir uns im Gebet Gott zuwenden und uns öffnen für Gottes Plan mit uns Menschen, dann werden wir einen Schritt in die richtige Richtung gehen. Bebauen und bewahren der Schöpfung, der Welt – das ist uns von Gott aufgetragen. Im Gebet wenden wir uns Gott zu, öffnen uns für seinen Willen und können erkennen, was nötig ist, um die Schöpfung zu bewahren. Denn das ist es, was Gott will.

 

VI. Gottes Name – seine Selbstdarstellung

Nun können wir schnell sagen: Das ist doch eine absolute Überforderung, wir können das doch niemals erreichen! Und auch damit haben wir wohl recht. Aus uns heraus können wir nicht dafür sorgen, dass die Welt ein besserer Ort wird, dass die Schöpfung bewahrt wird, dass sich das Leben gegen den Tod und die Liebe gegen den Hass durchsetzt.

Aber in einem kleinen Nebensatz unseres Predigttextes steckt eine Antwort auf diese Überforderung: so hilf doch um deines Namens willen!

Im zweiten Buch Mose fragt Mose am brennenden Dornbusch nach dem Namen Gottes. Er wird gerade von Gott beauftragt, das Volk Israel aus der Sklaverei der Ägypter in die Freiheit zu führen. Das wäre eine absolute Überforderung für Mose. Aber Gott antwortet auf die Frage nach seinem Namen: Ich bin, der ich bin. Ich werde sein, der ich sein werde. Ich bin der „ich-bin-da“! Schon in seinem Namen macht er deutlich: Gott erweist sich als der Gott Israels in seinem Handeln in der Zeit. Gott ist der „ich-bin-da“. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gott ist da. Er geht mit uns, er gibt uns Kraft und Mut und neue Ideen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Schritt für Schritt. Wir werden oft hadern, wir werden zweifeln und wir werden scheitern. Aber Gott bleibt an unserer Seite und die Hoffnung wird sich durchsetzen. Gott ist der „ich-bin-Da“. Auch und gerade in der der Dürre, in der Wüstenzeit, ist Gott da. Dadurch ahnen wir mehr als wir wissen können: Es wird nicht immer dunkel bleiben. Hell scheint es über unserem Leben. Gott zeigt sich. Epiphanias – er erscheint – auch heute, auch hier, auch bei uns.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

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