Predigt zum Erntedankfest über Markus 8,1-9 von Volker Strauch

Zu der Zeit, als wieder eine große Menge da war und sie nichts zu essen hatten, rief Jesus die Jünger zu sich und sprach zu ihnen:

Mich jammert das Volk, denn sie haben nun drei Tage bei mir ausgeharrt und haben nichts zu essen.

Und wenn ich sie hungrig heimgehen ließe, würden sie auf dem Wege verschmachten; denn einige sind von ferne gekommen.

Seine Jünger antworteten ihm: Wie kann sie jemand hier in der Wüste mit Brot sättigen?

Und er fragte sie: Wie viel Brote habt ihr? Sie sprachen: Sieben.

Und er gebot dem Volk, sich auf die Erde zu lagern. Und er nahm die sieben Brote, dankte und brach sie und gab sie seinen Jüngern, damit sie sie austeilten, und sie teilten sie unter das Volk aus.

Und sie hatten auch einige Fische, und er dankte und ließ auch diese austeilen.

Sie aßen aber und wurden satt und sammelten die übrigen Brocken auf, sieben Körbe voll.

Und es waren etwa viertausend; und er ließ sie gehen.

 

Liebe Gemeinde!

Einfach unmöglich! Das kann doch gar nicht sein, das glaube ich nicht. Absolut unrealistisch, was hier erzählt wird. Mit 7 Broten und ein paar Fischen kann man keine 4000 Menschen satt machen. Noch nicht mal die Körbe hätte man füllen können mit dem bisschen Essen. Wie soll das gehen? Das grenzt ja an ein Wunder! Ja, solche Reaktionen sind nicht ungewöhnlich, wenn es um solche Jesus-Geschichten geht, zu phantastisch ist ja auch das Gehörte.

Sogar in der Theologie gab es berühmte Vertreter, die diesen Wundergeschichten rational auf den Grund gehen wollten, da kommen plötzlich noch andere Lebensmittel ins Spiel, da teilen alle, was sie haben und alle werden satt. Ich glaube, es ist gar nicht nötig, diese Wunder klein zu reden, sie zu entmythologisieren, damit sie uns etwas sagen können. Und gleichzeitig glaube ich, dass die Erklärung mit dem Teilen nicht unbedingt ein kleineres Wunder sein muss. Doch dazu später mehr.

Szenenwechsel:

„Einfach unmöglich! Wie sich diese Frau hier aufführt, das kann doch nicht sein. Hilfe sucht sie und ist dabei so aggressiv und aufbrausend, da will man doch gar nicht mehr helfen. Wenn jemand etwas von mir will, soll er sich anständig verhalten und auftreten, ansonsten gibt es bei mir nichts. Aber dafür, dass die sich ändert, bräuchte es wirklich ein Wunder.“ Denkt sich der Mann, der gerade eine schimpfende Frau an der Tür abgewiesen hat, die Unterstützung vehement eingefordert hat.

„Einfach unmöglich! Keiner will mir helfen, ich bin so wütend, dass ich immer wieder enttäuscht wurde im Leben, dass keiner sich dafür interessiert, wie es mir geht, dass alle schon die Nase rümpfen oder die Augen verdrehen, wenn sie mich sehen. Und dann platzt es aus mir heraus, meine Wut. Und wenn ich niemanden an mich ranlasse, kann mich keiner verletzen. Es bräuchte wirklich ein Wunder, dass ich aus dieser aussichtslosen Situation herausfinde.“ Denkt die Frau, die schon wieder abgewiesen wurde, der man schon wieder keine Hilfe geben wollte.

„Einfach unmöglich! Wie können wir bloß den Hunger und das Elend auf der Welt beenden? Da gibt es so viele Menschen, denen das Nötigste zum Leben fehlt. Auf fast allen Kontinenten gibt es Menschen, die abgehängt sind, die leiden und sterben, weil sie nicht genug haben. Aber was soll man machen? Dieses Problem ist so groß, das kann man einfach nicht in den Griff kriegen. Da bräuchte es wirklich ein Wunder, damit alle satt werden und keiner mehr hungern muss.“ Denken viele, wenn sie die Nachrichten aus aller Welt anschauen.

„Einfach unmöglich! Wie kann sie jemand hier in der Wüste mit Brot sättigen? Wie soll das gehen? Weit und breit gibt es nichts, wo wir uns mit Essen versorgen könnten. Du musst die Leute nach Hause schicken, alle sollen sich um sich selbst kümmern! Es bräuchte wirklich ein Wunder, wenn hier alle satt werden sollten.“ So oder so ähnlich sprechen die Jünger zu Jesus. Aber Jesus gibt sich damit nicht zufrieden. Unmöglich? Ein Wunder? Nicht bei Gott. Jesus weiß: Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt. Er vertraut darauf, dass Gott die Menschen satt machen kann, er weiß, dass Wunder möglich sind. Und im Vertrauen auf Gottes Möglichkeiten, die für uns Menschen wie Wunder wirken, dankt er seinem Vater, bevor er die Brote und Fische zerteilt und durch seine Jünger verteilen lässt.

In unserer Erzählung ist überhaupt nicht davon die Rede, dass Jesus Gott bittet, ein Wunder zu tun. Nein, das einzige, was er tut, ist danken. So groß ist sein Glaube an die Fähigkeiten Gottes. Und ein Wunder geschieht, alle werden satt und es bleiben Reste übrig, sieben Körbe voll.

An Jesu Auftreten gibt es einige Dinge, die mir besonders aufgefallen sind und von denen ich denke, dass sie auch uns guttun würden, danach zu handeln.

Im Umgang mit den Menschen zeigt Jesus deutlich, dass ihm der ganze Mensch wichtig ist. Es geht ihm nicht nur um die Predigt, um den Geist der Menschen zu erreichen, nein, er weiß auch um ihre ganz banalen körperlichen Bedürfnisse. Die Menschen haben Hunger! Und Jesus tut das, was nun dran ist. Er hört auf zu predigen und versorgt die hungrigen Menschen mit Essen.

Und er tut das nicht alleine. Er holt sich Hilfe, lässt seine Freunde, die Jünger mithelfen. In einer Gemeinschaft, im Team, zusammen gehen viele Dinge einfacher und schneller und werden besser erledigt.

Und er dankt Gott für dessen Beistand, für das Wunder, das geschieht, weil er auf ihn vertraut.

Und wenn wir nun wieder zu der Frau aus der Beispielgeschichte zurückkehren, dann kann Jesu Beispiel möglicherweise etwas verändern.

Dann sieht der Mann an der Tür nicht nur die Wut, den Zorn und die Aggressivität der Frau, sondern auch die seelischen Verletzungen, die Enttäuschungen, die Hilflosigkeit und die Resignation der Frau. Und kann dann vielleicht weniger abweisend reagieren und versuchen, sie besser zu verstehen. Und die Frau hat nicht gleich das Gefühl, wieder abgewiesen zu werden und wird möglicherweise etwas weniger aggressiv. Und vielleicht kann sich sogar so etwas wie ein normales Gespräch entwickeln. Und dieser Mann könnte sich um Hilfe bemühen. Er muss dieser Frau nicht alleine helfen, es gibt Institutionen und Anlaufstellen, die dazu ausgerüstet sind, ihr zu helfen. Der Mann holt sich und der Frau Hilfe und es könnte besser werden. Und wer weiß, vielleicht werden beide am Ende dankbar sein für diese Begegnung und ihre gemeinsame Geschichte. Teilen ist nie eine Einbahnstraße, wer teilt, bekommt etwas zurück.

In diesem Jahr haben wir das Erntedankfest zum Anlass genommen, haltbare Lebensmittel für bedürftige Menschen aus unserer Gemeinde und unserer Stadt zu sammeln. Das Erntedankfest ist ein Tag, um Gott „Danke“ zu sagen für alles, was er uns schenkt. Danke, dass er an unserer Seite ist und uns bewahrt auf vielen Wegen. So wie Jesus Danke gesagt hat in der Wüste vor dem Brot Teilen. Und neben der Dankbarkeit wollen wir die Menschen in den Blick nehmen, die nicht so viel haben wie wir. Und teilen – damit wir alle reicher werden.

Und wenn immer mehr Menschen anfangen, mit anderen zu teilen, nicht nur Geld und materielle Dinge, sondern auch so etwas wie Nähe, Zeit, Liebe, dann kann sich etwas zum Guten verändern in der Welt, dann wird die Welt etwas gerechter und wer weiß, wenn die, die zu viel haben, etwas von ihrem Überfluss abgeben, vielleicht könnte der Hunger in der Welt doch besiegt werden?

„Unmöglich! Das kann doch gar nicht sein, das glaube ich nicht. Absolut unrealistisch, das klingt zu phantastisch! Es bräuchte wirklich ein Wunder, damit das geschehen kann.“ So mögen nun einige denken und sie haben damit wohl auch recht. Es ist phantastisch und es bräuchte ein Wunder – aber Jesus hat uns gezeigt, Wunder möglich sind.

Also lasst uns dankbar teilen, was wir haben und damit Teil des Wunders werden. Heute, am Erntedanktag und darüber hinaus.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

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