„ANKLÄNGE zum Gedenken an die Schicksale Pirmasenser Jüdinnen und Juden“
Am Sonntag, den 4. Juli 2021, findet mit Start am Stelendenkmal in Pirmasens ein musikalischer Gedenkweg mit abschließendem Konzert in der Johanneskirche statt.
Anlass ist das Jüdische Festjahr, das 2021 vom Verein „321-1021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ initiiert wurde. Aus dem Jahr 321 stammt ein Edikt von Konstatin dem Großen, das Juden per Gesetz erlaubte, im Rat der Stadt Köln mitzuwirken und politische Ämter zu bekleiden. Das Edikt gilt als ältester Beleg für die Existenz jüdischen Lebens in Mittel- und Nordeuropa und gibt den Zeitrahmen für die 1700-jährige Geschichte. Ziel des Festjahres und Vereins ist das Wachhalten der Erinnerung an die jüdische Kultur in Deutschland und Europa, von der Wirkungsgeschichte bis zur Vielfalt jüdischen Lebens in der Gegenwart. Ebenso soll die wechselvolle, schmerzhafte Geschichte des Zusammenlebens verdeutlicht werden, von den Pogromen bis zum dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte – der Shoah, dem nationalsozialistischen Völkermord an mehr als 6 Millionen europäischen Juden.
Auch in Pirmasens fielen mehr als 270 Jüdinnen und Juden der Shoah zum Opfer. Noch vor der Stadtgründung im Jahr 1763 ließen sich bereits Juden in Pirmasens nieder. Nachweislich war es der Goldsticker Joseph Kaufmann, der von dem damaligen Erbprinzen Ludwig, dem späteren Landgrafen Ludwig IX., 1759 das Niederlassungsrecht erhielt und somit sein Handwerk der Goldstickerei ausüben durfte. Zur Landgrafenzeit bildete sich in Pirmasens eine Gemeinde von über 140 jüdischen Mitbürgern, die von dem ersten Pirmasenser Rabbiner Jakob Beiersdorf betreut wurden. Später wurde Pirmasens zum Sitz des Bezirksrabinats, dessen Zentrum die Synagoge im damaligen „Judengässel“, der heutigen Synagogengasse, war.
Aus den Meldebeständen des Pirmasenser Stadtarchivs geht hervor, dass im Zeitraum von ca. 1880-1920 mehr als 1200 Jüdinnen und Juden in Pirmasens lebten, wobei in den Meldebeständen nur erwachsene Personen mit Wohnsitz gezählt sind; Kinder und Jugendliche mitgezählt, wäre die Zahl noch höher. In Pirmasens hatte sich eine aufblühende jüdische Gemeinde gebildet, die mit dem Aufkommen der Nationalsozialisten, dem Brandanschlag auf die Pirmasenser Synagoge während des Pogroms 1938, der Verhaftung und Vertreibung im Zuge der nationalsozialistischen Repressionen, ein jähes Ende fand.
Seit 2014 gedenkt die Stadt Pirmasens in Form des Pirmasenser Gedenkprojekts an diese Opfer der Verfolgung, Vertreibung und Ermordung. Neben der Installation eines Stelendenkmals im Bahnhofsbereich wurden inzwischen mehr als 40 Gedenktafeln an den Wohnorten ehemaliger jüdischer Mitbürger/innen verwirklicht. Einige dieser Stationen, die sich in der Nähe des Stelendenkmals befinden, werden am Sonntag, den 4. Juli 2021, Anlaufpunkte des musikalischen Rundgangs sein. Die Schicksale der Menschen werden vor Ort vorgestellt von der städtischen Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner.
Mit Beginn um 16:00 Uhr am Stelendenkmal führt der Weg entlang der
- Teichstraße 10, wo den Eheleuten Mandel gedacht wird
- Schützenstraße, zum Gedenken an Dr. Robert Dreifus
- Ringstraße/Oppenheimer Tor, zum Gedenken an die Familie Dreifus und Schwarz
- Exerzierplatzstraße, zum Gedenken an die Familie Beiersdorf.
Abschluss der Veranstaltung ist ein Konzert um 18:30 Uhr in der Johanneskirche, wo u. a. Musik jüdischer Tradition wie etwa Psalmen und Instrumentalmusik von Louis Lewandowski erklingen werden. Der Komponist Louis Lewandowski gilt als Pionier der modernen jüdischen liturgischen Musik und war im 19 Jhd. Chorleiter und Organist an der Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin. Für dieses Konzert konnten die Sopranistin Katharina Hirsch und die Geigerin Agnieszka Galan gewonnen werden. Lesungen gestaltet das Pfarrerehepaar Kerstin und Volker Strauch.
Zum Besuch der Veranstaltung in der Johanneskirche ist der Nachweis eines negativen Tests (PCR -Pool-Test) oder einer vollständigen Impfung oder Genesung verpflichtend. Der Eintritt ist kostenfrei.
Auch an den Stationen gibt es musikalische Beiträge vom Leistungskurs Musik des Immanuel-Kant-Gymnasiums, unter Leitung von Volker Christ, und vom Jugendchor Unisono, unter Leitung von KMD Maurice Antoine Croissant. Die beiden Ensembles werden auch dann im Konzert nochmals zu hören sein. Zum Repertoire gehören Lieder von Ralph McTell, Christoph Hiller und hebräische Lieder wie Ose schalom und El Haderech. Begleitcombo Achim Bißbort (Gitarre), Peter Hertzler (Kontrabass) und Nicci Appiah (Percussion).
Eine Voranmeldung zur Teilnahme am Gedenkweg und Konzert ist verpflichtend.
Voranmeldungen unter: Tel. 06331-842299 (Stadtarchiv, Mo. – Mi. 8:30-16:00 Uhr, Do. 8:30-18:00 Uhr, Fr. 8:30-12:00 Uhr). Die Veranstaltung ist abhängig von der Tageinzidenz.