Minutengedanken zum „Aufgeweckt!“-Gottesdienst am 1. Advent über Johannes 12,46 von Kerstin Strauch

Elke hatte sich so auf das Wochenende gefreut. Endlich mal wieder mit ihren Freundinnen zusammenkommen. Zwei von ihnen hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Und Telefonieren war doch etwas ganz anderes. Elke wohnt allein. Kinder hat sie nicht. Sie ist oft einsam. Jetzt war das Treffen abgesagt worden. Ist denn keiner für sie da?

14 Jahre ist viel für ein Hundeleben. Martin und seine Schäferhündin waren ein eingeschworenes Team gewesen. So vieles hatten sie gemeinsam erlebt. Die Hündin war Teil der Familie gewesen. Jetzt ist sie gestorben. Martin fehlt seine Hündin, ihm fehlen aber auch die Spaziergänge, das Treffen mit anderen Hundebesitzern, sogar das Einkaufen von Hundefutter fehlt ihm. „Es ist ja nur ein Tier!“, hat ein Kollege zu ihm gesagt. Martin ist traurig. Er sucht Trost und keiner ist da.

Kurt hätte es wissen müssen. Es wächst ihm alles über den Kopf: der große Garten, die vielen Treppen hoch zu seiner Wohnung, der ganze Schreibkram, die Wäsche… Früher hatte seine Frau ihm dabei geholfen oder die Nachbarn. Doch die sind nicht mehr da. Er schafft es nicht mehr. Er braucht dringend Hilfe. Doch keiner ist da.

Niemand, wirklich niemand hätte gedacht, dass es ausgerechnet ihn trifft. Marius war ein echter Durchstarter gewesen: glänzendes Abi, Studium mit Bestnoten und dann gleich die erste, top dotierte Stelle. Jetzt ist er rausgeflogen aus der Chefetage. Betriebsbedingte Kündigung. Verzweifelt sucht er eine neue Stelle. Wie soll es denn weitergehen?

Roman ist eigentlich gerne zu Hause. In seinen eigenen vier Wänden fühlt er sich wohl. Das hat sich in den letzten anderthalb Jahren geändert. Er ist viel zu viel zu Hause: Homeoffice für ihn, Homeschooling für die Kinder. Alles spielt sich in der Wohnung ab. Roman will, dass es allen gut geht und gleichzeitig seine Arbeit schaffen. Aber das klappt nicht. Er ist überfordert mit der Situation. Wird das nochmal anders werden?

Liebe Gemeinde,

immer wieder stehen wir vor verschlossenen Türen. Dichtzumachen, runterfuhren, geschlossen zu haben – das wird auch in diesen Tagen wieder stark diskutiert. Wir würden der Pandemie gerne Tor und Riegel vorschieben, sie ein für alle Mal einsperren, damit wir alles andere wieder öffnen können. Aber das funktioniert leider so nicht. Daher stehen so viele wieder vor verschlossenen Türen.

Bei diesen Türen geht es natürlich längst nicht nur um die Türen, die aufgrund der Corona-Pandemie dichtgemacht wurden. Die gab es vorher auch schon, aber sie sind durch Corona einfach nur viel mehr verschlossen worden. Da stehen sie, Menschen wie du und ich, Leute, die nicht mehr weiter wissen, offene Fragen, Probleme, Einsamkeit und Verzweiflung lasten auf ihren Schultern. Es scheint nichts mehr zu gehen. Alle Türen verschlossen. Alles dicht. Auch in ihnen drin. „Ich brauche keine Hilfe. Ich muss da alleine durch“, ist ein Satz, den ich öfter mal höre. Alle mit sich selbst ausmachen? Das zermürbt und hilft auf Dauer nicht. Was aber dann?

Die Türen sind zu. Doch hinter dieser Tür wird es hell. Das Licht scheint gebrochen durch das Glas.

Jesus sagt: Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in Finsternis bleibe. (Joh 12,46)

Die Adventszeit beginnt heute. Das ist die Zeit der Erwartung, der Vorbereitung auf den, der an Weihnachten geboren wird: Jesus Christus. Wir zünden Kerzen und Lichter an, die diese Vorfreude begleiten, denn Jesus hat von sich gesagt: Ich bin das Licht der Welt.

Licht – so klein es auch sein mag – scheint in alle Winkel, erhellt die Dunkelheit. Dieses Licht scheint auch in die Dunkelheiten unseres Lebens. Jesus ist da, für uns, an jedem Tag. Seine Tür ist nie verschlossen. Zu ihm dürfen wir kommen: die Hilflosen und Verzweifelten, die Traurigen und Überforderten, die Einsamen und du und ich. Jede und jeder ist zu ihm eingeladen – immer.

Das Licht scheint gebrochen durch das Fenster der Tür. Nicht immer können wir klar und hell erkennen, dass Gott für uns da ist. Indem wir Schritte auf Gott zu machen, nehmen wir eine andere Perspektive ein. Wir öffnen die Tür in unserem Herzen für den, der gesagt hat: Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in Finsternis bleibe.

In diesem Vertrauen legen wir bei Gott all das ab, was wir nicht loswerden können. Bei Gott ist unsere Hilflosigkeit und Einsamkeit, unsere Traurigkeit, unsere Verzweiflung und Überforderung aufgehoben. Er hilft uns, den nächsten Schritt zu gehen – auch wenn andere Türen immer wieder verschlossen sind.

Amen.

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