Minutengedanken zur Jahreslosung 1 Thessalonicher 5,21 von Kerstin Strauch

Ihr alle habt heute eine ganze Menge mitgebracht. Ihr seid schwer bepackt. Bei manchen von euch ist mir gar nicht klar, wie sie den Überblick behalten, wie ihr das alles tragen könnt!

Ich spreche nicht von den Sorgen und Nöten und Problemen. Davon haben wir auch genug. Nein, heute geht’s um das Ganze. Wir haben die Jahreslosung gehört: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21) Es geht um alles. Alles soll auf den Prüfstand.

Das hat sich der Apostel Paulus ja fein ausgedacht, von dem diese Zeilen stammen. Wie kommt er zu so einem Satz? Er hat sich ganz einfach das Gepäck angeguckt, mit dem seine Gemeinde in Thessaloniki unterwegs war. Manche wussten dort nicht mehr, was richtig und was falsch ist. Groß war das Angebot und zahlreich die Gaben und Talente in der Gemeinde. Ich denke, irgendwie haben die Leute gespürt, dass sie so nicht weitermachen konnten. Und so sollte alles auf den Prüfstand. Die Gemeinde sollte nicht vorschnell urteilen, sondern erst einmal prüfen, genau hinschauen und sich dann bewusst für das Gute entscheiden. Das ist nicht einfach.

Viele Versprechungen werden uns gemacht. Sie sind zu schön, um wahr zu sein! Pillen, die uns ewig jung aussehen lassen. Versicherungen für alle nur denkbaren Fälle. Ewige Jugend durch das einfache Auftragen einer Gesichtsmaske. Oder der Blick in die Zukunft – ganz einfach mit einer Glaskugel. Ich denke, ihr habt sofort geprüft und gemerkt, dass das alles Humbug ist. Das war sicherlich nichts zum Behalten. Da brauchen wir in der Regel gar nicht lange überlegen.

Und das kennen wir aus unserem Alltag. Andauernd werden wir herausgefordert zu prüfen, zu entscheiden, was gut ist oder auch nicht. Beim Einkaufen, beim Essensplan, beim Aufräumen und Ausmisten. Doch was auf den ersten Blick ziemlich systematisch und einfach erscheint, ist es bei genauerer Prüfung nicht. Denn schon bald stellen sich folgende Fragen:

  • Was heißt denn „gut“? Ist nicht manches, was ich für gut halte für andere schlecht? Wenn ich für mich gute Entscheidungen treffen, hat das vielleicht negative Auswirkungen auf andere? Kann ich dann überhaupt noch von „gut“ sprechen?
  • Was ist eigentlich mit dem, was ich aussortiere, was meiner Prüfung nicht standhält. Es ist ja schließlich alles auf dem Prüfstand, aber nicht alles ist gut. Was passiert mit dem, was ich nicht für gut befinde? Wie gehe ich damit um?

Und damit sind wir mittendrin in den Herausforderungen, die die Jahreslosung an uns stellt. Es geht hier nämlich nicht um ein simples Ordnungs- oder Aufräumprinzip a la Tiki Küstenmacher oder Marie Kondo. Es ist schön, zu Hause Ordnung zu schaffen und die Jahreslosung kann ein gutes Mittel sein, um sich dafür zu motivieren. Denn in einer aufgeräumten Umgebung lebt es sich meistens besser.

„Prüfet alles und das Gute behaltet!“ geht weiter.

Wenn es so kompliziert ist, wie mache ich es? Da hilft uns der Prophet Micha weiter. Er sagt: Der HERR hat dich wissen lassen, Mensch, was gut ist und was er von dir erwartet: Halte dich an das Recht, sei menschlich zu deinen Mitmenschen und lebe in steter Verbindung mit deinem Gott! (Micha 6,8) Gott hat uns gesagt, was gut und richtig ist. In den Zehn Geboten können wir das nachlesen und Jesus sagt: Ihr haltet alle Gebote, wenn ihr eines beherzigt: Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller deiner Kraft und deinem ganzen Verstand! Und: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst! (Lk 10,27)

Das Gute betrifft mich nie allein. Nichts ist gut, wenn es nur für mich gut ist und für die anderen schlecht. Wenn ich etwas prüfe, dann geht es auch immer um die anderen, um die Auswirkungen meiner Wahl und es geht natürlich auch um mich. Denn wenn etwas für mich nicht gut ist, dann hilft es nicht weiter. Dann kann ich damit nichts bewirken.

Bei allem Prüfen und Überlegen und Nachdenken und Aussortieren werden wir immer wieder merken, wie wir an unsere Grenzen stoßen. Es gibt nicht nur gut und schlecht, nicht nur schwarz und weiß. Wenn ich den Nachlass meiner Eltern sortiere, merke ich bald, wie sehr Erinnerungen aufsteigen, wie sehr mein Herz an Dingen hängt. Gleichzeitig weiß ich, dass es mir nicht guttun wird, alles zu behalten. Mir tut es nicht gut und den Kindern und Enkeln auch nicht. Ich prüfe dann noch einmal mit einem anderen Blickwinkel: Was ist wirklich so wertvoll und wichtig für mich, dass es gut es, es zu behalten. Ein zweiter Blick tut gut. Eine weitere Perspektive ist notwendig.

Und so funktioniert es auch mit anderen Entscheidungen. So macht es auch Paulus und empfiehlt es den Gemeinden. Schaut, was ihr habt. Schaut was gut ist und überlegt, warum es gut ist und für wen. Dann kommt zu einer Entscheidung.

Bleibt immer noch die Frage, was wir mit dem tun, was aussortiert wird. Auch da gibt es keine einfache Lösung. Kann das, was für mich nicht gut ist, für jemand anderen gut sein? Es ist wichtig, Verantwortung zu übernehmen für das, was wir aussortieren. Das kostet viel Kraft und nicht für alles werde ich eine gute Lösung finden.

Wenn ich an diesem Punkt angelangt bin, hilft mir, mich an Michas Worte zu erinnern. Lebe in Verbindung mit Gott! Es hilft mir, darauf zu vertrauen, dass er mein Leben und alles, in Händen hält. Alles, was ist und was kommt. Alles, was ich auf den Prüfstand stelle. Und alles, was ich aussortiere. Das gibt mir Mut, diese Herausforderung anzunehmen:

Prüft alles und behaltet das Gute!

Amen.

Schreibe einen Kommentar